Sonntag, 15. April 2007

Das Liebesleben der Staubmäuse


Sie haben eins, nicht wahr? Sie müssen einfach eins haben, wie können sie sich sonst so vermehren. Offensichtlich ziehen sie verschwiegene Ecken, dunkle Winkel und versteckte, naja Verstecke eben vor. Ihre bemerkenswerte Fähigkeit zur hingebungsvoller Zweisamkeit wird immer dann offenbar, wenn so ein Umzug wie mein letzte dazu führt, das ich einen Blick in diese wunderlich staubige Welt meiner Mitbewohner werfen kann. Woraus der geneigte Leser messerscharf schliessen könnte, das der obligatorische Frühjahrsputz nicht alle Bereiche meiner Wohnung einschliesst. Die Staubmäuse und ich, wir haben schon vor langer Zeit ein Cohabitationsabkommen geschlossen.
Aber jetzt sind sie ganz allein in meiner alten Wohnung und beschweren sich bitterlich. Mit meinen Möbeln sind auch ihre geschützten Ecken und Winkel verschwunden, ihr Lebensraum ist dahin. Ich denke, ich werde ihnen wohl Asyl in meiner neuen Wohnung anbieten...

Samstag, 14. April 2007

Die erste Nacht


Ich bin da. Liege im alten Bett, im neuen Heim. Es ist schön hier. Draussen trällern die Vögel, soweit ich sehen kann ist es grün mit eingestreuten kleinen weissen Häusern. Zum ersten mal seit langem konnte ich durch mein Fenster einen Sonnenaufgang sehen und es fühlte sich fast an wie Urlaub.
Es isst ein seltsames Gefühl, um mich herum all die vertrauten Möbel, Bilder aber an einem neuen, noch fremden Ort. Es ist, wie wenn man vorsichtig die Zehenspitze in einen Badesee taucht. Die erste Berührung und es entstehen Kreise im Wasser, langsam verändert sich der Ort je weiter mein Körper in ihn eintaucht. Es ist sehr spannend das zu spüren.

Man sagt, die Träume der ersten Nacht gehen in Erfüllung. Ich bin mir nicht sicher, ob ich mir das wünsche. Ich habe mich sehr einsam gefühlt in diesem Traum. Er hatte auch mit meiner früheren Freundin zu tun und jetzt, nach einem halben Jahr der Trennung spielt sie wieder ein grössere Rolle in meinen Gefühlen. Ich spüre langsam immer stärker, was sie mir in der Zeit gegeben hat. Es ist wie eine nachträgliche Würdigung ihres Anteils an unserer Beziehung. Es ist Trauerarbeit.
Mein Traum nun handelte von einem Vertrag, ein Vertrag den einzuhalten ungemein wichtig war, der mich glücklich gemacht hätte, dessen Erfüllung für mich aber unmöglich war.

So beginnt meine Zeit hier in Zürich mit einer melancholischen Note, mitten im strahlendem Frühling....

Dienstag, 10. April 2007

Sommerzeit sei Dank


Wenn es etwas gibt, das ich an Bern (genauer am morgendlichen pendeln nach Zürich) vermissen werde, dann ist es der Sonnenaufgang über der großen Schanze. Wenn leichter Dunst über der Stadt liegt, ihre Türme rosig-rot in der Morgensonne erglühen, Dunst von der Aare und Rauch aus den Kaminen aufsteigt und ab und zu, quasi als besonderes Sahnehäubchen, erstrahlen im Hintergrund Mönch und Jungfrau.
Und so gehöre ich wahrscheinlich zu den wenigen, die am Morgen die verkürzte Nacht der Sommerzeit begrüssen, denn sie hat mir diese herrliche Morgenstimmung über 2 Monate hinweg bewahrt...

Wie wird mich wohl Zürich morgens um 7 begrüssen? Hoffentlich mit einer schönen Tasse Tee :-)

nach Ostern


Zürich-Hbf nach Ostern. Der Schritt aus dem Zug und plötzlich versagen die Ohren. Statt lautem, penetranten Quietschen, klappern, rauschen Heute nur ein seltsamer Druck auf den Ohren. Wenn das Fehlen von scheinbar unveränderlichem plötzlich laut in Ohren dröhnt. Zürich nach Ostern, der Bahnhof halb leer, die Stimmung gedämpft als ob der Ort den verbleibenden Schall gierig aufsaugt, wie voller Angst, das der Lärm nie wieder kommt. Zürich-Hbf nach Ostern, wo die Anpassung an den ewigen Lärm sein fehlen um so deutlicher macht. Zürich-Hbf, wie mag es hier am Sonntag-Morgen sein?

Montag, 9. April 2007

Angst


Es gibt so Momente, wenn die Zeit innehält, wenn Sinne gerade nicht die Oberhand haben, wenn die Welt in Nebel versinkt, wenn ich spüre, mich spüre, meinen Platz im Leben fühle, wenn sich die grosse Lehre ausbreitet, wenn die Angst als ganz klares, unglaublich schmerzhaftes Sein deutlich wird. Und die Momente danach, wenn der Körper wieder spürbar wird, das Herz heftig schlägt, die Kehle trocken und rau die Finger feucht. Das ist irgendwie lebendig und doch, eigentlich, ist es genau das nicht.
Denn was bleibt ist die Starre, das innehalten, das Warten auf die rettende Routine, die wieder das Denken und das Fühlen übernimmt. Die Erlösung vom sein, die Rettung durch tun, was auch immer....

Samstag, 7. April 2007

Gehen, bleiben, warten


Ich bin in der Zeit dazwischen, noch nicht wirklich hinaus aus der Tür, doch der bequeme Sessel hat seinen Reiz verloren. Die warme Höhle, die Schutz und Heimat gewesen ist für eine Zeit, sie ist dahin. Und damit auch ein Stück Sinn, ein Stück Freude, ein Schleier zerrissen.

Meine Tage in Bern gehen zu Ende. Sie gehen...

Vor Monaten meinte ich, Glück liegt im weiterlaufen, fortlaufen, im alten zurücklassen, im neuen finden in der Hoffnung, das das nicht das alte sei. Und so hab ich das alte, den Job, die Konflikte, die enttäuschten Hoffnungen wieder einmal hinter mir gelassen. Oder so träumte ich.

Neu ist nun die Stadt, Zürich, Hochglanzprospekt einer Stadt. Die Stadt, die alles richtig, alles besser macht. Doch ich bin noch nicht da, bin noch nicht angekommen. Meine Fühler habe ich bereits ausgestreckt, jeden Arbeitsmorgen, wenn der Zug um 7 von Bern Richtung Zürich rollt, wenn der Bahnhof Zürich mich empfängt als Wimmler und hunderten anderer, die da durcheinander, umeinander, alle ganz nah aber nie berührend, eilig ihrem Ziele zustrebend, alle ihr eigenes Ziel. Gruppen fallen auf, sie sind zu gross, zu unbeweglich, um wimmeln zu können.

Wird das mein Zürich sein? Ein Aquarium mit einzelnen Kaulquappen, wo zusammenhalten bedeutet, das Mensch nicht mehr hinein gehört?

Aber noch bin ich in Bern. Um mich herum füllen sich die Kisten, Die Bücher verschwinden aus den Regalen, Schränke leeren sich und der Staub der Jahre sieht wieder das Licht.

Vielleicht habe ich mir zuviel Zeit genommen, 4 Tage über Ostern, um die Wohnung weitestgehend zu räumen, zuviel Zeit um zu fühlen, was denn passiert in mir. Keine Ablenkung durch andere, keine Zerstreuung durch Konsum und nachdem Fernseher und Musik verpackt sind bleibt immer mehr ich selbst zurück.

Und ich weiss nicht mehr mehr wohin ich gehe. Es gibt Orte, ja aber gibt es auch Ziele? Das Leben als Fluss, immer den Weg des geringsten Widerstands nehmen, um schlussendlich aufzugehen in der großen Beiläufigkeit des Ozeans. Aber noch gibt es Morgen wie diesen hier, wo sich ein Fluss zumindest fragen kann, was sich da auf der anderen Seite des Ufers befindet und was es denn braucht, um Bergan zu fliessen.

Und nun ist hier beim schreiben doch wieder etwas entstanden, etwas Neugier auf das Leben.